Moin,
ich bin noch ganz geflashed vom letzten Wochenende und dem gelungenen Debut der ersten „My Cake“ in Friedrichshafen. Ich empfand die Messe als sehr gut organisiert, es war eine tolle Stimmung in der Halle und ich denke es war für Jeden etwas dabei. Einfach ein rund um wunderschönes Wochenende, das viel zu schnell vorbei war.
Aber – schaut man dann in die sozialen Medien und ließt die Kommentare dort, dann ist es – inzwischen leider – immer wieder das gleiche Spielchen. Klar sollte Kritik vorgetragen werden, aber häufig habe ich das Gefühl das die Erwartungen und Vorstellungen von einigen Besuchern weit abdriften von dem was „Tortenmessen“ in Deutschland eigentlich sind.
Auf der Rückfahrt kam mir dann die Idee, doch einfach mal über die Anfänge zu schreiben. Denn gerade bei so einer schnell wachsenden Gemeinde ist vielen sicher nicht bewusst, dass unsere „Szene“ eigentlich noch ganz jung ist. So sind die „7 Fakten über Tortenmessen im deutschsprachigen Raum“ entstanden.
1. Die erste Messe …
… die „Tortenshow“ in Hamburg fand am 24. und 25. Oktober 2009 statt. Da ich so ein klein wenig mit schuld war an der ganzen Sache (mein Buch erschien gerade und wir brauchten irgendwie eine Plattform für eine Präsentation) kann ich mich sehr gut an die ganze Vorlaufzeit erinnern. Ich kannte Katja Kruse, die Veranstalterin, von anderen Messen und gemeinsam hatten wir die Idee eine Messe für Torten ins Leben zu rufen. Nun gab es damals nur eine sehr kleine Tortenszene, aber es fanden sich 8 Aussteller! Torten-Talk (das erste Forum zum Thema Torten in Deutschland), My Cakeshop (von Ludmilla Schmalz), Het Suiker Atelier, Ellen’s Creative Cake, Torten-Kram, Jacobi Dekor (inzwischen sicher besser bekannt als Cake Company), Kuchen-Fashion und eben Betty’s Sugar Dreams.
Das ganze fand im Mövenpick Hotel statt und es gab auch schon einen Wettbewerb, Vorträge und ca. 1100 Besucher! Ich glaube alle, die an den beiden Tagen dabei waren, können sich noch gut dran erinnern, wie begeistert alle waren, dass wir endlich so einen Treffpunkt in Deutschland hatten und es die Möglichkeit gab sich auszutauschen, an Ständen zu schauen sowie alte und neue Bekannte zu treffen.
2. Der erste Wettbewerb …
… für dekorierte Torten wurde auch dort abgehalten und man konnte sich für folgende Kategorien anmelden:
- Dekorierte Festtorte
- Dekorierte Festtorte mit gedrahteten Fondant-Blumen
- Freestyle Torte
- Figur
- Hochzeitstorte mit zwei oder mehr Etagen
- Zuckerblumen
- Dekoratives Element
Na, die Kategorien haben sich nicht wirklich großartig verändert, oder?
Die Wettbewerbstorten wurden vom Publikum bewertet und es gab eine Jury, die die 3 schönsten Exponate rausgesucht hat. Wie ihr auf dem Bild seht, war die Beteiligung großartig und am Aufbau der Wettbewerbsstücke konnte man noch einiges verbessern.
3. Die erste Jury …
… musste her, denn eins war klar, nach der Tortenshow in 2009 wird es wieder eine Messe geben und auch einen Wettbewerb. So eine Publikumsbewertung ist zwar klasse, aber meistens geht es dabei mehr um den Gesamteindruck, als um die Technik und die fachliche Ausarbeitung.
Daher hat sich wenige Wochen später eine kleine Gruppe in Birmingham zusammen gesetzt. Dort haben wir beschlossen uns von Fachjuroren aus England ausbilden zu lassen und so kam es, dass wir 2010 – nun nicht mehr im Mövenpick – im Curio Haus in Hamburg, einen Wettbewerb hatten, der durch eine ausgebildete Fachjury bewertet wurde.
4. Neue Messen braucht das Land …
… und so kamen dann ab 2013 weitere Messen in Deutschland dazu, aber die Konzepte blieben sehr ähnlich. Es gab Aussteller, Wettbewerb, Vorträge und kleine Workshops. Die Zahl der Besucher stieg und auch die Zahl der Aussteller nahm zu.Wie man an der Ausstellerliste der 1. „Tortenshow“ sehen kann, waren von Anfang an neben den Lokalmotadoren Anbieter aus ganz Deutschland, den Niederlanden, England und anderen Nachbarländern vertreten. Dadurch wurde das Spektrum etwas weiter, denn was nicht so schnell gewachsen ist, wie die Anzahl der Tortenfans, sind die Hersteller. Häufig hört man: „… die Stände bieten ja fast alle das selbe an.“ Ja das mag zum Teil auch stimmen, denn es gibt einfach mehr Shops, egal ob kleinere oder größere, aber eben nur sehr wenige, die eigene Produkte auf den Markt bringen! Das ist nicht zuletzt ein Grund, warum die – von vielen Besuchern – so heiß ersehnten „Messepreise“ nicht wirklich existieren! Die meisten Aussteller sind Wiederverkäufer und eben keine Großhändler oder Hersteller und da ist die Gewinnspanne der Produkte halt einfach nicht so groß.Wenn man dann noch als Aussteller / Anbieter auf eine Messe geht, für den Stand, helfende Hände und Material in Vorleistung tritt, dann kann man häufig nicht auch noch 10 oder mehr Prozent Rabatt geben.
5. Die Entwicklung und die Folgen, denn …
… Messen, Internet, Fernsehen und all das spielt dem Trend „Tortendekoration“ in die Hände und die Besucherzahlen der Messen steigen. Ein Großteil der Organisatoren stellen dann bei der 1. Veranstaltung fest, dass sie quasi überrannt werden! Ich weiß das viele Veranstalter sofort versucht haben noch vor Ort aktiv zu werden in dem sie:
- mehr Platz dazu buchen,
- über Nacht Stände abgebaut und wo anders wieder aufgebaut haben,
- längere Öffnungszeiten anboten und
- versucht haben sofort auf berechtigte Kritikpunkte zu reagieren.
Aber wenn das „Ding“ erst einmal läuft, lässt es sich nicht komplett ummodeln. Gerade neue Standorte lassen sich schlecht planen. Man kann zwar immer schauen, wie es bei anderen Messen läuft und sicher haben gerade die Messen auch Vergleichszahlen von anderen Veranstaltungen, aber mir scheint es so als ließen sich „Tortenverrückte“ nicht mit anderen „Fan Gruppen“ vergleichen. So kommt es dann zwangsläufig immer zu dem Punkt: zu viele Besucher für den vorhandenen Platz. Das ist ärgerlich, aber glaubt mir: es ärgert den Veranstalter genauso und im nächsten Jahr wird es deutlich besser laufen!
6. Es ist total spannend …
… die Entwicklung von Tortenmessen zu beobachten, gerade wenn man auch mal im Ausland auf Tortenmessen war. Mein erster Besuch in Birmingham/UK war 2005 Ich war damals überwältigt von der Größe, wobei ich rückblickend glaube, dass eine Cake & Bake Messe in Dortmund bzw. ab diesem Jahr in Essen, da heute locker mithalten kann. Aber genau so wie in Deutschland ging der Tortenboom auch in England weiter voran und die Cake International hat sich zum weltweiten Zentrum für Cake Designer entwickelt. Klar das heute auch viele Deutsche die Chance nutzen, dass die Messe gerade mal 2 Flugstunden entfernt ist und man im Mekka mit dabei sein kann. Ich meine 2017 waren es über 1000 Exponate im Wettbewerb und jeder Hersteller versucht vor Ort zu sein und neue Gerätschaften zu präsentieren.
Aber man darf jetzt nicht den Fehler machen und denken, dass eine Messe auch hier so groß werden kann! Die Motivtortenszene ist schon noch eine Nische. Große Messen, wie die Fibo (Fitnessmesse) oder Beautymessen haben einen viel größeren Kundenmarkt und dort mischt sich auch mehr der Hobbyist mit den Profis. Wer gewerblich backt findet in Deutschland große Messen wie die Südback, Internorga oder die IBA – nur dort gibt es halt nicht so viel zum Thema Motivtorten. Der Markt ist hier halt sehr geteilt und auch das erklärt, warum die Zahl der Aussteller nicht so schnell steigt, wie sich das die Besucher wünschen. Für den klassischen Bäcker oder Konditor sind Tortenmessen eher uninteressant um dort auszustellen, da sie Torten verkaufen und die Besucher, sie eigentlich eher selber machen wollen. Auch sind die Kosten für so einen Messeauftritt nicht zu unterschätzen und wenn man nur Backkurse anbieten möchte, müssten diese wiederum teurer werden, wenn man Standgebühr, Zeit und Aufwand mit einrechnen würde.
7. Endverbrauchermessen sind nicht gleich …
… Endverbrauchermessen, und das bunte Treiben einer „Infa“ in Hannover oder einer „Creativa“ in Dortmund als Vorbild zu nehmen wäre sicherlich falsch. Dort tummeln sich verschiedene Themen unter einem Dach, wodurch es ja auch so interessant ist, dort hin zu gehen. Vielleicht ist der Begriff „Messe“ für die Tortenszene falsch gewählt und es müsste eher Richtung „Convention“ gehen, da es nicht nur shoppen vereint, sondern auch mehr ein Treffpunkt ist, an dem man aber auch Workshops bekommt, Tortenkünstler treffen kann und auf viele Gleichgesinnte trifft.
In den USA sind die „Messen“ eigentlich mehr in diesem Stil und nennen sich dort auch „Midyear Meeting“, „Convention“ oder „Show“ – allerdings ist man dann nicht mit 10,– Euro Eintritt dabei, sondern mit einer Startgebühr von 150,– Dollar und man muss auch noch für jeden Workshop oder Demonstration zahlen. Es mag den Vorteil haben, dass dadurch die Besucherzahlen deutlich niedriger sind, aber ich weiß auch, dass es finanziell einfach ein riesen Batzen ist, den sich nicht jeder leisten kann.
Unsere Szene wächst und entwickelt sich noch, aber das bedeutet auch, dass nicht alles 100% laufen kann. Ich denke alle Messeveranstalter und Aussteller versuchen ihr Bestes um diese Veranstaltungen so gut wie möglich zu gestalten und für die Besucher attraktiv zu machen.
xxx