Moin,
im November 2011 habe ich die Amerikanerin Ruth Ricky in Birmingham auf der Cake International getroffen. Ich hatte davor gelesen, dass sie eine „Certified Master Sugar Artist“ ist und wir kamen im Gespräch darauf, was das eigentlich für eine Prüfung ist. Sie meinte damals zu mir, dass ich die ganz sicher auch bestehen würde – ich müsste mich dafür nur bei der ICES (International Cake Exploration Societé – die Amerikanische Tortenvereinigung) dafür anmelden, den die Prüfung steht jedem Mitglied offen.
Nun gut. Ich hatte mir nach dem Gespräch die Unterlagen auf der Webseite durch gelesen und war von den Anforderungen beeindruckt und habe das Thema erst einmal abgehakt. Aber irgendwas in mir wollte dann doch diesen Titel haben! Soweit mir bis heute bekannt ist, gibt es weltweit keine weitere Prüfung, die so speziell auf das Thema Torten Dekoration eingeht. Es ist kein annerkannter Abschluß einer Uni oder Kammer, aber die Prüfung hat es wirklich in sich und die Zahl derjenigen, die sich „Certified Master Sugar Artist“ nennen ist weltweit sehr gering (und aus Europa hatte noch niemand diesen Titel….).
Also entschloss ich mich 2013 das Abenteuer anzugehen. Die Prüfung wird einmal im Jahr im Rahmen der jährlichen Convention der ICES abgehalten. für 2014 hieß somit mein Reiseziel Ende Juli: Albuquerque/New Mexico in den USA. Im September 2013 habe ich mich angemeldet und dann hieß es erst einmal das 84 Seiten starke Regelwerk zu lesen und zu studieren.
Es ist eine 8 stündige Live Prüfung, in der eine 3-stöckige Torten, eine 1-stöckige Torte und ein Schaustück erstellt werden müssen. Es gibt eine ganze Liste mit 45 (inzwischen sind es 47) verschiedenen Techniken, die in 4 Leistungsgruppen (einfache 1 Punkt – bis zur schwersten 4 Punkte) eingeteilt sind. 8 Techniken davon muss man sich aussuchen, die am Ende eine Gesamtpunktzahl von 21-22 Punkten ergeben. Also es muss ein Mix aus verschiedenen Schwierigkeiten sein und auch 2 Techniken der 4 Punkte Kategorie. Diese 8 Techniken müssen nun auf die 3 zu fertigen Teile aufgeteilt werden, so dass diese auch noch gut aussehen und ein Gesamtbild ergeben. Dazu kommt noch, dass eine der Torten vor Ort mit Fondant eingedeckt werden muss und eine weiter entweder mit Buttercreme oder Eiweißspritzglasur eingestrichen wird
Wenn man sich die Liste durch ließt (wer Interesse an den Unterlagen hat, findet sie auf dieser Seite als PDF) stellt schnell fest, dass man auf jeden Fall unterschiedliche Techniken nehmen muss, um auf die Punktzahl zu kommen. Nur Modellieren, oder nur Eiweißspritzglasur etc. funktioniert nicht. Man ist als Allrounder gefragt und sicher wird eine Technik dabei sein, die man nicht 100% beherrscht.
Bis um 01. April muss beim Kommitee ein Plan eingereicht werden, der die 8 Techniken aufweist und Skizzen von den Werken, die man machen möchte. Diese werden geprüft und Mitte Mai erhält man dann ein Feedback, welche Details man noch ändern müsste etc. Am 01. Juni muss dann der finale Plan eingereicht sein. Dazwischen heißt es immer wieder: üben, üben, üben und ausprobieren….
Mein Plan 2014 war sehr ambitioniert, aber gefühlt machbar – ja gefühlt, aber leider nicht in der Prüfungssituation! In Albuquerque fand ich eine Raum vor, der sehr gut gekühlt (ca. 17°) war und leider auch sehr feucht war. Tja und ich hatte nicht damit gerechnet, dass unter den Bedingungen Eiweißspritzglasur nicht mehr trocknet und gekochter Zucker einfach zu schnell erkaltet. Fazit: ich bin mit Mann und Maus untergegangen, was mir aber schon 1 Stunde vor Prüfungsende klar war. Auch die „kleinere“ Variante „Certified Sugar Artist“ habe ich verfehlt
Allerdings hat mir die ganze Situtation und das Feedback der Juroren ganz viel Informationen gegeben, die mir 2015 zu einem geholfen haben meine Meisterprüfung in Deutschland zu bestehen, aber auch den Ehrgeiz weckten, dass ich diese Prüfung auch bestehen will!
Also nach bestandener Meisterprüfung habe ich mich im November 2015 wieder angemeldet, ein neues Konzept erarbeitet und mich jetzt im August 2016 wieder den Prüfern gestellt.
Dieses Mal hieß das Ziel: Mobile/Alabama! Also sicher wieder sehr war, wieder eine sehr gute Klimaanlage und mit Pech auch wieder viel Luftfeuchtigkeit. Mein Plan hatte all das berücksichtigt und so ging es, wie ich fand, gut vorbereitet, am 03. August um 8 Uhr los.
Als Plan hatte ich mich dieses mal für folgende Techniken entschieden:
Einfache Malerei (1 Punkt)
Lace Point (kleine gespritzte Filigrane 2 Punkte)
Runouts (ausgelassene Bilder aus Eiweißspritzglasur 2 Punkte)
Brush Embroidery (2 Punkte)
Bas Relief (Modelliertes Relief 3 Punkte)
Blumen aus Blütenpaste (3 Punkte)
Portrait Malerei (4 Punkte)
realistische Figur modellieren (4 Punkte)
Und insgesamt sah der Plan so aus:
Dazu war meine 1-stöckige Torte mit Buttercreme und die 3-stöckige Torte mit Fondant eingedeckt.
Dinge die man länger trocknen lassen muss, wie Eiweißspritzglasur, Blumen oder z.B. die Beine der Figur, darf man getrocknet mitbringen, muss sie aber vor Ort noch einmal herstellen. Somit hatte ich in meinem Handgepäck, einige zerbrechliche Eiweißspritzglasur Ornatmente etc.
Das Material, Werkzeug etc. muss alles mitgebracht werden und ich hatte mich auch dafür entschieden auf Nummer sicher zu gehen und habe Massa Ticino Sugarpaste, Blütenpaste und Puderzucker mitgenommen, damit ich wusste, dass ich das Material auch kenne. An dieser Stelle muss ich dann auch sagen: ja es war wieder kalt und feucht in dem Raum, aber meine Torten mit Massa Ticino waren so ziemlich die einzigen, die nicht feucht geworden sind!!!!! alles andere wurde dann noch schnell am Dienstag Morgen im Supermarkt vor Ort gekauft
Nach dem mein Mann 2014 mein Assistent war, hatte er dieses mal nicht wirklich große Lust noch einmal mit zu kommen, somit war mein Sohn so lieb und war dieses Mal mein Assistent.
Der Prüfungstag lief wirklich gut, auch wenn die Aircondition direkt über mir und es wieder sehr kalt war. Zur Pause nach 4 Stunden war ich komplett in meinem gedachten Zeitplan, sogar einen Tick weiter. Nach einer Stunde Pause ging es weiter und es lief immer noch wie am Schnürchen! Ok, mit mehr Zeit wäre sicher das ein oder andere noch filigraner und genauer gegangen, aber dies ist kein klassischer Wettbewerb in dem nur das Endprodukt zählt, sonder es geht auch um die Arbeitsweise, Sauberkeit und Umsetzung des Planes.
Am Ende war ich 15 Minuten vor Schluss fertig und meine 3 Teile standen auf dem Tisch, der für die fertigen Stücke vorgesehen war. Mir war schon klar, dass ich auf jeden Fall den „Certified Sugar Artist“ erlangt haben müsste, aber hat es für den „Master“ gereicht? Auch wenn die 3 Juroren die ganze Zeit im Raum sind, immer wieder auf die Finger schauen, ab und an Fragen stellen – sie haben Pokerfaces! Dann hieß es für 50 Minuten den Raum verlassen, damit die Juroren ihre abschließende Bewertung vornehmen können. Vor der Tür haben wir 6 Teilnehmer uns ausgetauscht und es wurde schnell klar, dass nur 2 von uns fertig geworden sind (vor 2 Jahren war es nur 1 von 6). Dann durften wir wieder in den Raum. Die Schaustücke mussten in den Ausstellungsraum gebracht werden und der Rest eingepackt und alles ausgeräumt werden. Tja und das Ergebnis? Der Prüfungstag war ein Mittwoch – aber nun hieß es warten bis Samstag Abend, denn da werden erst die Ergebnisse beim großen Bankett bekannt gegeben (wer möchte, kann sich Donnerstag Abend das Ergebnis abholen, aber muss dazu schweigen).
Samstag Abend sind wir also zum Bankett und ich hatte das große Vergnügen, durch Zufall, am selben Tisch wie Kerry Vincent zu sitzen! Kerry Vincent? Falls der Name euch nichts sagt: sie ist die Grand Dame der Tortendekoration in den USA! Sie organisiert die Oklahoma State Show, war Jurorin beim australischen Bake Off (Das Große Backen in Australien) und war in etlichen TV Sendungen in den USA zu sehen. Tja und mit dieser tollen Frau saß ich nun da und fieberte dem Moment entgegen, in dem das Ergebnis bekannt gegeben wurde.
Was soll ich sagen: Certified Master Sugar Artist! Eine von nun 33 weltweit, die erste in Europa und die einzige im Jahrgang 2016! Ein toller Moment, zumal auch ganz viele Tortenfreunde aus den USA dort waren, die vor 2 Jahren schon mit gefiebert hatten und sich jetzt richtig doll mit gefreut haben.
Ja, da ist die Urkunde!
Diese super Kopfbedeckung gibt es dann zum Titel noch dazu und Peggy Tucker CMSA bestand darauf, dass ich damit ein Foto machen muss.
Meine 3 Juroren, die wirklich einen tollen Job gemacht haben
Der Bericht ist nun etwas länger als gedacht geworden, aber es hat ja auch fast 5 Jahre gebraucht von der Idee bis zum endgültigen Titel.
xxx